Dienstag, 15. März 2011

Blazblue: Continuum Shift - Prügelspielschach


Blazblue: Continuum Shift dürfte auch geneigten Prügelspielfans außerhalb von Japan nur selten ein Begriff sein. Denn auch wenn sich das Spiel in Japan nicht zuletzt in seiner Arcade-Ausführung großer Beliebtheit erfreut, bekommt man von den mittlerweile zwei Konsolenreleases, die es auch nach Europa geschafft haben, kaum etwas mit. Damit wird dem Spiel allerdings Unrecht getan, denn Blazblue: Continuum Shift ist vielleicht sogar das komplexeste Prügelspiel, das momentan zu haben ist. Komplex allerdings heißt ja nicht immer gleich gut, aber von Anfang an…
Entgegen des generellen Trends zur Dreidimensionalität ist das Prügelspiel bzw. der klassische Fighter noch eines jener Genres, das sich öfter erfolgreich der Portierung in die dritte Dimension entzieht – Zuletzt erntete das zweidimensionale Streetfighter 4 großes Lob. Ähnlich hält es auch Blazblue, das Spiel ist zweidimensional und bedient sich bei Grafik und Ästhetik eines typischen Anime-Looks: grellbunte Haare, große Augen, knapp bekleidete Frauen, Cyborgs, knapp bekleidete Cyborgfrauen – alles da. Ein hinreichend buntes Ensemble also und somit eine gute Grundlage für abwechslungsreiche Matches. Die laufen, im groben Rahmen, so ab wie in jedem anderen Fighter auch: Zwei Charaktere (wahlweise beide von Spielern gelenkt oder im Kampf Spieler gegen Konsole) kämpfen mit ihrem jeweils sehr eigenen Repertoire an Moves gegeneinander, bis die Energieleiste eines Kämpfers auf Null fällt und sein Gegner somit gewinnt. Alternativ geht derjenige als Sieger aus einer Partie hervor, der am Ende des für jeden Kampf geltenden Zeitlimits (zumeist 99 Sekunden) die meiste Lebensenergie übrig hat. Jenseits dieser absoluten Grundlagen kann man Blazblue: Continuum Shift allerdings nur noch sehr bedingt mit anderen Prügelspielen vergleichen. Kommt man bei Streetfighter, Soul Calibur und Co. als ahnungsloser Einsteiger auch mit munterem Buttonmashing irgendwie zurecht, wird Blazblue: Continuum Shift für Neulinge ohne Erfahrung mit dem Vorgänger (Calamity Trigger) und ohne die Geduld, die langatmigen und umfassenden Tutorials zu verinnerlichen, zu einer etwas frustrierenden Erfahrung. Das Kampfsystem des Spiels ist so präzise und nuanciert, dass jeder Versuch, es hier erschöpfend zu erläutern, zum Scheitern verurteilt wäre.

Daher erstmal nur soviel: bei Blazblue: Continuum Shift kommt es mindestens so sehr darauf an, anhand von Animationen oder genauer Kenntnis der Charaktere und ihrer Fähigkeiten vorauszuahnen, was der Gegner tun wird, wie es von Bedeutung ist, die Combos und Tricks der eigenen Spielfigur zu beherrschen. Bei vielen anderen Spielen reicht meist die Kontrolle über die eigene Figur. Das Kampfsystem von Blazblue: Continuum Shift gewichtet defensive und reaktive Aktionen wie Blocken, Ausweichen oder Kontern sehr stark, außerdem ist es sehr hilfreich, die Angriffe des eigenen Charakters flüssig aneinander reihen zu können: Bestimmte Angriffsfolgen helfen, die Animationen der Spielfigur zu verkürzen und so schnellere Attacken zu ermöglichen, die zudem das Fenster für Gegenangriffe des Gegners verringern. Klingt kompliziert? Ist es auch. Damit wären wir dann auch beim größten Manko des Spiels. Blazblue: Continuum Shift hat eine ziemlich steile Lernkurve und die gesamte Tiefe des ausgeklügelten Kampfsystems erschließt sich erst nach langer Eingewöhnungszeit. Umgekehrt erhält man mit Blazblue: Continuum Shift auch einen Fighter, der wie kaum ein zweiter die Fähigkeiten des Spielers belohnt und in den Vordergrund stellt. Glück und blindes Tastendrücken helfen hier nichts, es geht einzig darum, ob man das Spiel beherrscht oder nicht.

Die Riege der Charaktere von Blazblue: Continuum Shift könnte, wie anfangs angedeutet, variantenreicher und unterschiedlicher kaum sein. Die Figuren spielen sich teilweise völlig anders und es besteht ein Unterschied wie Tag und Nacht zwischen ihren bevorzugten Vorgehensweisen, es dürfte also für jeden Geschmack etwas dabei sein. Die Auswahl reicht von eher klassischen Samurais und Schwertkämpfern bis hin zu reichlich absurden Kämpfern wie einer amorphen Masse, einem kleinen Vampirmädchen mit Katzen-Kuschelkissen oder einem Jungen mit Zylinder, der zusammen mit seiner Hausmädchen-Marionette in den Ring steigt.

Erstaunlicherweise scheitert Blazblue: Continuum Shift auch nicht völlig daran, eine Story zu entwickeln, die derart gegensätzliche Charaktere miteinander verbindet, bei der Präsentation allerdings hapert es doch ein wenig. Wer ab und zu mal japanische Animationsfilme oder –serien schaut, dem wird die Geschichte von Blazblue: Continuum Shift auch nicht mehr ganz so abgedreht vorkommen. Alle anderen finden entweder Gefallen an der in einer Welt zwischen Fantasy-Mittelalter und Sci-Fi-Hightech angesiedelten Erzählung über autokratische, magieregulierende Regierungsorganisationen, mysteriöse Geheimbünde und uralte Prophezeiungen oder haben die Möglichkeit, die gesamte Story völlig zu ignorieren. Schließlich ist es nicht so, dass die zugrunde liegende Erzählung in irgendeinem Prügelspiel jemals von Bedeutung gewesen wäre… Spaß machen die Dinger auch so. Wer doch wissen möchte, worum es geht, muss sich durch schön gezeichnete, aber leider nicht animierte Standbilder wühlen, in denen die Charaktere in (von den japanischen Originalsprechern durchaus treffend vertonten) Textfeldern die Lage diskutieren. Dabei nimmt sich das Spiel nicht zu ernst, allerdings muss man schon auf den bisweilen sehr…. speziellen japanischen Humor stehen, um diesen Momenten viel abzugewinnen. Sehr selten werden diese Standbildorgien von tatsächlichen Animationssequenzen unterbrochen – Schade, dass dort wohl aufgrund von Budgetbegrenzungen nicht mehr Animiertes drin gewesen ist.

Die Präsentation von Blazblue: Continuum Shift ist als klassisch im besten Sinne zu bezeichnen. Die zweidimensionale Grafik funktioniert prima, die Charaktere und ihre zahllosen Moves und sind flüssig und abwechslungsreich animiert, so dass sogar das bloße Beobachten zweier versierter Spieler unterhaltsam sein kann.
Unterm Strich kann man Blazblue: Continuum Shift nur eingeschränkt empfehlen, aber empfehlen muss man das Spiel, dem außerhalb seines Heimatlandes entschieden zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird. Blazblues größte Stärke ist zugleich das größte Problem dieses Spiels. Sein Kampfsystem bestraft Einsteiger gnadenlos so lange, bis sie sich intensiv mit seinen Mechaniken auseinander gesetzt haben. Ist das jedoch geschafft, bietet Blazblue: Continuum Shift das wohl komplexeste und taktischste Kampfsystem der jüngeren Beat’em Up Geschichte.


Artikel verfasst von Felix

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